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Paris, je t’aime: Leben und arbeiten in der Stadt der Liebe (Teil 2)

Arbeiten als Fremdsprachenassistentin

Im Oktober gab es dann das erste Fremdsprachenassistententreffen, bei dem wir die „Spielregeln“ vom Rectorat de Paris, unserem offiziellen Arbeitgeber erklärt bekamen. Außerdem lernten wir die anderen Assistenten aus vielen verschiedenen Ländern kennen und konnten uns gut austauschen. Ich war für zwei verschiedene Schulen eingeteilt worden; für das Collège Jules Romains und das Lycée Fénelon – beides sehr renommierte, gute Schulen im Zentrum von Paris. Das Collège lag nur wenige Fußminuten vom Eiffelturm entfernt, das Lycée befand sich mitten im Quartier Latin bei St. Michel. Von der Lage her hätte ich es mit meinen beiden Schulen nicht besser treffen können. Im Vorfeld hatte ich bereits mit der französischen Deutschlehrerin Mme Bernard* des Collège per Mail und auch telefonisch Kontakt aufgenommen. Die Deutschlehrerin vom Lycée jedoch hatte ich nicht erreicht, erfuhr aber schnell, dass sie auch Deutsche war und seit 17 Jahren in Paris lebte.

Mein erster Tag im Collège verlief ziemlich turbulent, weil ich sehr viele französische Lehrer und Lehrerinnen kennenlernte, aber auch die verschiedenen Klassen, die ich unterrichten würde. Auch den deutschen Referendar Marc* lernte ich kennen und stellte fest, dass das Verhältnis zwischen dem Referendaren und der französischen Deutschlehrerin vor Ort alles andere als unkompliziert und freundschaftlich war. Marc warnte mich sogar vor und meinte, dass die Mme Bernard unmögliche Umgangsformen habe.

Zunächst jedoch freute ich mich, meine französischen Schüler kennenzulernen, war jedoch schockiert über die schlechten Deutschkenntnisse. Man konnte auch nach mehreren Lernjahren in Deutsch nicht frei mit ihnen sprechen, sogar kleinere Dialoge waren sehr schwierig. Dafür konnten sie ungebräuchliche, komplizierte Sätze in perfektem Deutsch auswendig aufsagen. Ich versuchte also, diesen typisch französischen Frontalunterricht zu durchbrechen und plante häufig Gruppenarbeit, kleine Rollenspiele, freies Schreiben und spielerisches Lernen ein, was aber sehr schwierig durchführbar war, weil die französischen Schüler mit diesen kleinen Freiheiten nicht umzugehen wussten. Mein Unterricht war zu wenig autoritär, so dass ich im Laufe der Zeit immer wieder Schwierigkeiten hatte, von den Schülern ernstgenommen zu werden. Am Lycée war dies etwas einfacher, was aber weniger mit dem zunehmenden Alter als mit dem Unterricht der deutschen Deutschlehrerin zu tun hatte, die ihre Schüler schon an die „deutsche Unterrichtsart“ gewöhnt hatte. De facto übernahm ich an beiden Schulen ganz selbstständig den Unterricht und war daher eher „Lehrerin“ als „Fremdsprachenassistentin“. Ich unterrichtete jedoch nur zwölf Stunden pro Woche, die natürlich aber noch vor- und nachzubereiten waren. Die Arbeit war sehr vielfältig, da ich jede Altersstufe von 10 bis 17 unterrichtete und in jeder Klasse ganz unterschiedliche Unterrichtsreihen durchführte. So studierte ich deutsche Weihnachtslieder mit den ganz Kleinen ein, arbeitete mit der Oberstufe nach Lehrbuch und übernahm teilweise die Abiturvorbereitung für die schwächeren Schüler, schrieb deutsche Bewerbungen mit denjenigen, die überlegten, einige Zeit in Deutschland zu verbringen und sah deutsche Filme mit den Schülern der Mittelstufe. Als ich in Paris war, war ich erst 21 und somit lagen zwischen mir und meinen ältesten Schülern nicht viele Jahre, weshalb ich verstärkt darauf achten musste, Grenzen zu ziehen. Natürlich war es nicht machbar, Freizeit mit den Schülern zu verbringen, auch wenn diese häufig fragten, ob ich am Wochenende nicht mit ihnen in einen angesagten Club gehen wolle.

Bereits in den ersten Wochen bewahrheitete sich die Warnung von Marc: Ich merkte, dass Mme Bernard anstatt mit mir zusammen gegen mich arbeitete. So versuchte sie, Schüler gegen mich aufzuhetzen, kritisierte meine Arbeit, wo sie nur konnte und verunsicherte mich in hohem Maße. Dabei brachte sie keine konstruktive Kritik an, sondern legte es darauf an, verletzend zu sein. Nachdem ich aber von meiner Vorgängerin ebenfalls erfahren hatte, dass das Verhältnis zu Mme Bernard sehr belastend und schwierig gewesen war, wurde mir bewusste, dass das Problem eher bei Mme Bernard lag. Aus diesem Grund wehrte ich mich mit dem Rückhalt von Marc und von der Lehrerin des Lycée gegen dieses Verhalten und sagte Mme Bernard klar und deutlich, dass ich mich beim Rectorat über sie beschweren würde, sollte sie sich nicht zurückhalten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich auch bereits in Erfahrung gebracht, dass schon zahlreiche Beschwerden beim Rectorat eingegangen waren und Mme Bernard daher bei weiteren Klagen ernsthafte Probleme zu befürchten hatte. Glücklicherweise ließ sie mich nach dieser klaren Aussage in Ruhe arbeiten und wir gingen uns grundsätzlich aus dem Weg.

Allerdings lernte ich sehr viele jüngere Lehrer und Lehrerinnen kennen, mit denen ich auch in meiner Freizeit viel unternahm. Die Möglichkeit, an der Schule Kontakte zu knüpfen, sollte man auf jeden Fall nutzen. Vor allem andere Fremdsprachenlehrer sind für Kontakte aus dem Ausland fast immer sehr offen.

Zu der Lehrerin des Lycée hatte ich einen sehr guten und auch persönlichen Kontakt, so dass ich von ihr und ihrer Familie des Öfteren zum Essen eingeladen wurde. Außerdem wurde ich am Lycée sehr gut in den Schüleraustausch mit eingebunden, nahm an Museums- und Theaterbesuchen teil und profitierte von der Arbeit als „Fremdsprachenassistentin“ bzw. „Aushilfslehrerin“. Unterstützt wurden die Assistenten desweiteren vom Goethe-Institut, das hilfreiche Schulungen für die Arbeit im Fremdsprachenunterricht durchführte. Das Gehalt lag bei 800 Euro brutto=netto monatlich, wovon man zwar nicht leben konnte, da die Miete alleine in Paris schon so hoch war, was aber dennoch einen guten Grundverdienst bedeutete.

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