Taxi

Und nach dem Studium wirst du Taxifahrer?

Viele Geisteswissenschaftler müssen sich immer wieder anhören, dass sie das falsche Studium gewählt haben, dass man mit dem Abschluss doch eh nur Taxi fahren könne. Doch wie sieht es in der Realität aus? Ist die Situation wirklich so trostlos?

Die Bandbreite an geisteswissenschaftlichen Studiengängen ist riesig. Von Politikwissenschaften über Kunstgeschichte zu Sozialpädagogik oder Journalismus: Es gibt beinahe nichts, was es nicht gibt. Und viele, die sich damit noch nie beschäftigt haben, denken: Wofür brauchen wir Absolventen dieser Fachrichtungen?

Der Nachteil an Studiengängen mit geisteswissenschaftlicher Ausrichtung ist tatsächlich auch ein Vorteil. Lapidar ausgedrückt: Man kann damit alles und nichts machen. Flexibilität kann als Fluch, aber auch als Chance gesehen werden. In den meisten Fällen stellt sich heraus, dass es zwecklos ist, das zu studieren, was später das große Geld bringt, ohne überhaupt Interesse an der Fachrichtung zu haben.

Das bekam auch Lena*, 24, zu spüren: Sie machte ihr Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,1, war in den Fächern Biologie und Chemie immer sehr gut. Aber eigentlich hatte sie mehr Spaß an Fremdsprachen und liebte den Sportunterricht. „Meine Eltern drängten mich nach meinem Abi dazu, Medizin zu studieren, das war ihr großer Traum. Ich wollte das eigentlich nicht, gab aber schließlich nach und bekam einen Platz in Bochum für Humanmedizin.“

Drei Semester lang versucht sie es, dann gab sie auf und brach das Studium ab. „Ich habe es wirklich versucht, aber es war so verdammt hart. Ich merkte einfach immer wieder, dass ich nicht mit dem Herzen dabei bin, dass das eigentlich alles nicht so mein Ding ist. Das war wohl auch der Grund, warum ich es nicht gepackt habe. Kommilitonen von mir, die vorher in der Schule viel schlechter waren als ich, aber mit viel mehr Motivation dabei waren, zogen das Studium durch. Mir ging einfach irgendwann die Puste aus, ich konnte mich nicht mehr für etwas quälen, das ich nicht wirklich wollte.“

Lena schrieb sich schließlich für Romanische Philologie (Französisch) und Sportwissenschaften ein und blühte auf. Seitdem empfiehlt sie jedem, das zu studieren, was ihn wirklich interessiert. Alles andere „hole einen früher oder später wieder ein, das funktioniert nicht.“

Wohin dann der Weg nach dem Studium führt, ist relativ offen. Mit einem geisteswissenschaftlichen Studiengang gibt es viele Bereiche, in denen man tätig sein kann. Nicht nur im sozialen Bereich, sondern auch in politischen Institutionen, in Unternehmensberatungen oder bei Personaldienstleistern, in Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Verlägen, das Spektrum ist groß. Manchmal stellt sich auch erst nach dem Studium heraus, wo es eigentlich hingehen soll, in anderen Fällen ergibt sich alles wie von selbst. Aber eines ist sicher: Geisteswissenschaftler sind nicht dazu verdammt, Taxi zu fahren.

*Name von der Redaktion geändert

tme

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