Men working on a photovoltaic plant

Sorgenkind Solarbranche?

Noch vor wenigen Jahren herrschte in der deutschen Solarbranche eine regelrechte Blütezeit. Im Zuge der Energiewende wurde die Branche als zukunftsweisend für den Industriestandort Deutschland gesehen. Zahlreiche Investitionen wurden getätigt und Subventionen in Milliardenhöhe gezahlt.

Dieses Bild hat sich mittlerweile in sein Gegenteil gewandelt: Auf der größten Photovoltaik-Konferenz Europas in Frankfurt herrscht Krisenstimmung. Zurzeit kommen vom einstigen Hoffnungsträger im Bereich der Zukunftstechnologien kaum positive Signale. Die Meldungen sind zunehmend bestimmt durch Insolvenzen und Investitionskürzungen.

Viele Unternehmen wie Solon sind bereits vom Markt verschwunden. Andere, wie Solarworld und Q-Cells, kämpfen mit Verlusten. Den Prognosen zufolge, werden weitere Hersteller Insolvenz anmelden müssen. Auftragseinbrüche im zweistelligen Prozentbereich sind im laufenden Jahr keine Seltenheit. Das Bild spiegelt sich auch an der Börse wieder: So verloren die meisten Solar-Aktien in diesem Jahr deutlich an Boden.

Gründe für die Misere gibt es zahlreiche: Die harte Konkurrenzsituation mit asiatischen, vor allem chinesischen Herstellern, weltweite Überkapazitäten und ein damit einhergehender rapider Preisverfall. Zudem sollten im Frühjahr die Subventionen weiter gekürzt werden. Stimmen aus der Branche kritisierten, warum dies genau zum Zeitpunkt der Krise passieren müsse und wünschten sich mehr Unterstützung durch die Bundesregierung. Die weit reichende Kritik führte schließlich dazu, dass die Einschnitte doch nicht so gravierend wie zunächst geplant ausfallen.

Wie reagiert die Branche auf die anhaltende Krise? Eine Reaktion war, gegen die Konkurrenzsituation mit chinesischen Herstellern vorzugehen. Unter der Führung von Solarworld haben insgesamt 25 Unternehmen im Juli eine Klage bei der Europäischen Union gegen chinesische Hersteller eingeleitet. Der Vorwurf besteht darin, dass auf Grund extrem hoher Subventionen die chinesischen Produkte zu Dumpingpreisen angeboten werden können und ein fairer Welthandel auf diese Weise verhindert werde. Falls die europäischen Wettbewerbshüter den Klägern Recht geben, könnten chinesische Produkte mit 15-25% Strafzöllen belegt werden. Hierfür sehen sie gute Chancen, da bereits eine ähnliche Klage in den USA Erfolg hatte und dort nun Anti-Dumping-Zölle gegen chinesische Solarprodukte erhoben werden. In einer zuletzt eingereichten weiteren Klage wird auf die chinesische Exportförderung durch vergünstigte Kredite und Exportfinanzierung durch staatliche Banken verwiesen.

Ob wirtschaftlicher Protektionismus die Lage der deutschen und europäischen Unternehmen verbessert, sei dahingestellt. Denn eine entsprechende protektionistische Aktion in China gegen europäische Hersteller ist zu erwarten. Chinesische Hersteller konnten im Jahr 2011 Solar-Produkte von über 21 Milliarden € in Europa absetzten. Der europäische Markt hat demnach für die chinesische Solarbranche eine große Bedeutung. Daher wird befürchtet, dass es in diesem Bereich zu einer Art Handelskrieg zwischen Europa und China kommen könnte, falls der Klage zugestimmt wird. Hierdurch könnte sich das handelspolitische Klima weiter verschlechtern. Durch Vergeltungsaktionen befürchten auch Unternehmen anderer Branchen negative Auswirkungen bei ihren Geschäften in Fernost.

Eine andere Reaktion auf die Krise könnte darin bestehen, weniger Augenmerk auf den heimischen Markt zu legen, sondern sich auf aufstrebende internationale Märkte zu konzentrieren. Insbesondere in Südostasien herrscht eine Aufbruchsstimmung, da der Energiebedarf in den nächsten Jahren für die gesamte Region enorm zunehmen wird, bei einer gleichzeitig immer billiger werdenden Solartechnik. Auch die Bedingungen durch die jährliche Sonneneinstrahlung gelten dort als ideal. Besonders beliebt ist derzeit Thailand, das den Bau von Solaranlagen mit hohen Einspeisevergütungen honoriert. Eine Lösung für deutsche Solar-Anbieter könnte demnach sein, erstklassige Solar-Produkte und –dienstleistungen verstärkt zu exportieren. Als Hemmschwelle in solchen Märkten sind sicherlich noch die teilweise fehlende Rechtssicherheit und die Lobby von traditionellen Energieanbietern, wie zum Beispiel der Diesellobby, zu nennen. Doch die enorme prognostizierte Energienachfrage, lässt einen Durchbruch der Solartechnik in aufstrebenden Ökonomien als realistisch erscheinen. Weltweit wird die Nachfrage weiter zunehmen. Auch für China, Indien, Japan, Großbritannien und die USA gelten die Aussichten als erfolgsversprechend.

Die Lage erscheint also nicht hoffnungslos. Eine Umstellung der Aktivitäten weg von den europäischen, hin zu den asiatischen Märkten ist zu erwarten. Hier werden die deutschen Produkte für ihre Qualität geschätzt. Die Tatsache, dass in vielen dieser Länder einerseits die Nachfrage nach Solarprodukten besteht, andererseits jedoch kaum einheimische Hersteller existieren und kein Fachwissen vorliegt, erleichtert den Einstieg enorm. Für international ausgerichtete Absolventen könnten sich hier interessante Perspektiven ergeben. Insofern sind die Berufsaussichten für Einsteiger zwar zurzeit nicht gerade sehr positiv, doch eine Verknappung der derzeitigen Überkapazitäten bei einer gleichzeitigen Verlagerung auf andere Märkte lässt die Zukunftsprognose doch in einem besseren Licht erscheinen.

mwe

Quellen:

http://www.news.de/wirtschaft/855282438/solarbranche-in-der-krise-roesler-stoesst-die-solarindustrie-in-die-pleitewelle/1/

http://www.focus.de/immobilien/energiesparen/deutsche-solarbranche-in-der-krise-regierung-rudert-bei-solar-kuerzungen-zurueck_aid_769079.html

http://boerse.ard.de/analyse-und-strategie/branchen/solarbranche-krise-solarworld-sma-aktien100.html

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/alternative-energie-solarbranche-setzt-auf-neue-markt-paradiese/7141902.html

http://www.zeit.de/wirtschaft/2012-09/solarbranche-china-strafzoelle

http://www.focus.de/finanzen/news/preiskrieg-in-der-solarindustrie-solarbranche-will-neue-anti-dumping-klage-gegen-china-einreichen_aid_826438.html

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